Der ca. 1,5 m lange Dickdarm (Colon) bildet den unteren Verdauungstrakt. Er startet im rechten Unterbauch, wo der Dünndarm seitlich in den Anfangsteil des Dickdarms (Zökum) mündet und umrahmt den Bauchinnenraum dann bis er in den Enddarm (Rektum) ausgeht. Anatomisch und auch chirurgisch unterscheidet man den aufsteigenden rechten Teil (Colon ascendens), den quer durch den Oberbauch laufenden Abschnitt (Colon transversum), den links wieder absteigenden Schenkel (Colon descendens) und die anschließende s-förmige Sigmaschleife (Colon sigmoideum). Dem Sigma schließt sich dann der Enddarm an, der anatomisch und medizinisch gesondert betrachtet werden muss. Jeder Abschnitt besitzt eine separate Versorgung mit Blut- und Lymphgefäßen, die abschnittsübergreifend individuell miteinander verbunden sind.
Als Enddarm (Rektum) oder auch Mastdarm bezeichnet man die untersten ca. 12-15 cm des Dickdarms. Sie liegen außerhalb des Bauchinnenraums und sind im Gegensatz zum restlichen Dickdarm nicht von einer äußeren Hüllschicht, der sogenannten Serosa umkleidet. Der Enddarm ist stattdessen in einen Fettmantel eingehüllt, dieses Mesorektum beinhaltet auch den Lymphabstrom. Dem Rektum schließt sich der Analkanal an, der nach unten vom After (Anus) abgeschlossen wird.
Die wesentliche Funktion des Rektums stellt die Sammlung des Stuhls bis zur Stuhlentleerung (Defäkation) dar. Eine Verdauungsleistung erbringt das Rektum mit Ausnahme einer begrenzten Wasserrückresorption ansonsten nicht. Dazu ist der Enddarm für die Kontinenz zuständig. Die Kontinenz, also das unwillkürliche und willkürliche Halten des Stuhls bis zur Entleerung wird dabei durch das Zusammenspiel verschiedener Organsysteme im tiefen Becken erreicht, die man als Kontinenzorgan zusammenfasst. Zum Kontinenzorgan gehören der innere und äußere Schließmuskel des Rektums, die Muskulatur des Beckenbodens, die hämorrhoidealen Gefäßpolster, die sensible Haut des Analkanals und das Nervengeflecht des Beckens.
Warum entwickelt sich Enddarmkrebs?
Die Genese von Enddarmkrebs gleicht der Entwicklung von bösartigen Tumoren im restlichen Dickdarm. Atypische Körperzellen entstehen bei Fehlern in der Zellteilung vor allem im Rahmen regenerativer Prozesse. Deshalb sind Gewebe mit einem hohen Erneuerungsbedarf besonders anfällig. Die eigentliche Gene, die Onkogene, sind in jeder Zelle vorhanden, aber blockiert. Erst der Teilungsfehler ermöglicht die Entblockung und das Ablesen der Onkogene, die dann den Fehler produzieren. Häufig entwickelt sich danach zunächst Vorstufen, die noch nicht bösartig sind. Im Dick- und Enddarm sind diese Vorstufen die Polypen oder besser Adenome. 90% des Dick- und Enddarmkrebses entsteht aus solchen Adenomen. Diese sogenannte Adenom-Karzinom-Sequenz ist die wissenschaftliche Grundlage für die Empfehlung der Koloskopie (Darmspiegelung) als Darmkrebsvorsorge, denn die Vorstufen sind oft endoskopisch abtragbar.
Der wichtigste Risikofaktor für Enddarmkrebs ist das Alter. Die Fallrate steigt ab 50-55 Jahren exponentiell an. Dazu unterstützen externe Faktoren wie Nikotin, Übergewicht, Bewegungsmangel, übermäßiger Alkoholkonsum und eine zu fleischstarke und ballaststoffarme Ernährung die Krebsentwicklung. Auch lange nicht ausreichend behandelte chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie die Colitis ulcerosa und der Morbus Crohn erhöhen das Risiko. Die verschiedenen Darmabschnitte weisen unterschiedliche Adenom- und Krebsraten auf. Ca. 70-80% der Tumoren treten in Sigma und Rektum auf.
Was sind verdächtige Symptome?
Die Leitsymptome von Enddarmkrebs sind der Nachweis von Blut im Stuhl, Blutabgänge beim oder auch außerhalb des Stuhlgangs sowie Veränderungen der Stuhlform oder -konsistenz. Bleistiftförmige Stühle oder ein Wechsel von Verstopfung und Durchfall sind immer verdächtig. Dazu kommen bei fortgeschrittenem Leiden ungewollte Gewichtsverluste, ein Leistungsabfall, nächtliches Schwitzen oder auch die Blutarmut.
Wie stellt man die Diagnose?
Zur Erstuntersuchung gehört die Austastung des Enddarms. Goldstandard der Diagnostik ist wie bei der Abklärung des Dickdarms die Endoskopie. Zur Beurteilung des Enddarms reicht dabei eine Rektoskopie (Enddarmspiegelung), umfassender und damit immer vorzuziehen ist aber die komplette Darmspiegelung (Koloskopie). Als einfacher Suchtest kann der Stuhl auch zunächst auf versteckte, optisch nicht erkennbare Blutanteile getestet werden. Bei hartem Verdacht ersetzt dieser Test aber auf keinen Fall eine Endoskopie. Nur bei erschwerten Bedingungen in der Spiegelung sind indirekte Darmuntersuchungen sinnvoll.
Wurde ein Enddarmtumor gefunden, muss die Ausdehnung der Erkrankung bestimmt werden. Die Spiegelung wird dann um eine Schnittbildgebung (CT und MRT) ergänzt, um die Tumorgröße abzuschätzen, die Tiefenausdehnung zu erkennen und Tochtergeschwülste (Metastasen) aufzuspüren erkennen oder auszuschließen. Metastasen treten bei Enddarmkrebs neben Lymphknoten vor allem in Leber und Lunge auf. Von besonderer Bedeutung beim Enddarmkrebs ist dabei auch der Abstand des Tumors zum Schließmuskelapparat.
Wie behandelt man Enddarmkrebs?
Die beste Behandlungsmethode von Enddarmkrebs ist die Operation. Nur die operative Entfernung des Tumors mit seinem Lymphabstrom im Mesorektum kann die Erkrankung wirklich heilen. Dabei wird das Rektum mit seiner Gefäßwurzel und dem umgebenden Fettzylinder (Mesorektum), welche die Lymphgefäße und -knoten tragen, entfernt. Nach der Entfernung werden die Darmenden – so möglich - entweder über eine Naht oder eine Klammerung wieder miteinander verbunden. Dieser Verbindung der Darmenden sind im Enddarmbereich technische Grenzen gesetzt. Sehr tief gelegene Befunde erfordern die komplette Enddarmentfernung, der obere Darmschenkel muss dann als dauerhafter künstlicher Ausgang (Stoma) ausgeleitet werden. Da dem Rektum aber die äußere Umhüllung durch die Serosa fehlt, sind Darmnähte im Enddarmbereich mit einer im Vergleich zum restlichen Dickdarm höheren Rate an Undichtigkeiten belastet. Deshalb werden tiefe Nahtverbindungen zur Unterstützung der Heilung häufig zeitweilig mit einem künstlichen Darmausgang geschützt, der aber nach Heilungsabschluss einige Wochen später in einer zweiten Operation wieder zurückverlegt werden kann. Sehr kleine und sehr tiefe Tumoren kann man auch über den Enddarm (transanal) ausschneiden. Dieses deutlich einfachere Vorgehen ist ausgesuchten Fällen vorbehalten.
Tumoroperationen im Enddarmbereich werden nur in ausgewiesenen Zentren minimal-invasiv (laparoskopisch) vorgenommen. Das Marienhospital verfügt auf diesem Feld über eine sehr breite, überregional bekannte Expertise. Laparoskopische Darmeingriffe zur Behandlung von Darmkrebs werden an allen Lokalisationen routinemäßig durchgeführt. Die Klinik ist sowohl in der laparoskopischen OP-Technik als auch als koloproktologisches Darmzentrum extern zertifiziert.
Wann wird Enddarmkrebs mit einer Bestrahlung behandelt?
Tief und nah am Schließmuskelapparat gelegene oder sehr große Tumoren des Enddarms können präoperativ vorbestrahlt werden, um die Ausdehnung zu verkleinern und Abstand zum Schließmuskel zu gewinnen. Die Entscheidung, eine solche neoadjuvante Strahlentherapie durchzuführen, erfolgt im interdisziplinären Beschluss auf der Basis der nationalen und internationalen Empfehlungen und unter Berücksichtigung des Individualfalls. Die Strahlentherapie wird immer mit einer Chemotherapie kombiniert. Die Operation erfolgt dann nach Therapieabschluss und einer kurzen Erholung.
Und nach der Operation?
Im Marienhospital werden geplante Darmoperationen nach dem Fast Track – Prinzip (auch enhanced recovery after surgery ERAS) behandelt. Der Darm muss vor der Operation nicht wie für eine Koloskopie komplett gereinigt, sondern nur mild entlastet werden. Am Abend der Operation erhält man dann schon wieder Getränke und am nächsten Tag ein leichtes Frühstück. Zur Nachbehandlung gehört auch ein festes Schmerzkonzept, so dass die Patienten im optimalen Fall um die Operation fast beschwerdefrei sind. Mit diesen Maßnahmen erreicht man eine sehr zügige Erholung, eine schnelle Darmtätigkeit und eine komfortable Rekonvaleszenz. Bei problemlosem Verlauf können die Patienten meist nach 10-12 Tagen das Krankenhaus verlassen. Eine langfristige Diät ist so gut wie nie erforderlich.
Ist die Behandlung nach der Operation abgeschlossen?
Wenn der Tumor nicht zu weit fortgeschritten war und komplett entfernt wurde, ist die Krebstherapie abgeschlossen. Der Patient begibt sich danach über 5 Jahre in eine Nachsorge, die meist vom Hausarzt gesteuert wird. Bei fortgeschrittenen Tumoren kann eine begleitende Radio-Chemotherapie oder alleinige Chemotherapie empfohlen werden. Ziel einer solchen Ergänzung ist es, möglicherweise verbliebene, mikroskopische Tumorzellreste zu zerstören. Für eine Chemotherapie wird häufig ein Portkatheter eingesetzt, über den sehr komfortabel Medikamente oder Nährlösungen appliziert werden können. Der kleine Eingriff dauert ca. 15min, und kann auch ambulant vorgenommen werden.
Eine alltagstaugliche Kontinenz kann auch bei tiefen Anschlüssen erreicht werden. Allerdings wird die Gesamtleistung immer etwas verschlechtert, da die Sammlungsfunktion des Enddarms nicht komplett ersetzt werden kann. Die präoperative Kontinenzleistung, die gerade bei älteren Patienten bereits vermindert sein kann, spielt deshalb bei der Auswahl der onkologisch radikalen, aber auch alltagstauglichen Therapie eine wichtige Rolle.